Fast jeder Mensch auf dieser Welt wurde in irgendeiner Form von der Coronakrise in seinem Leben beeinträchtigt und musste sich an die neue Situation anpassen.
Doch insbesondere die Älteren, die in Seniorenheimen oder betreuten Wohnen leben, litten und leiden nach wie vor unter den Kontaktbeschränkungen. Die eigene Familie nur noch über Internet-Telefonie oder hinter Glas sehen zu können, war für viele Menschen eine Zerreißprobe.
Zwar scheint sich in Deutschland die allgemeine Lage etwas zu entspannen, zu sehen an den von der Bundesregierung vorgenommenen Lockerungen, doch in der Seniorenwohnanlage Langenhorn in Hamburg geht erneut die Angst um, wie der Focus berichtete.
Bewohner sollen ihre Wohnungen verlassen
Dort wurden die Bewohner nämlich Ende Mai vom Eigentümer, die Vereinigte Hamburger Wohnungsbaugenossenschaft vhw, informiert, dass die 71 Bewohner aus dem sogenannten Servicewohnen und die 78 Bewohner aus der Stationären Pflege aus ihren Wohnungen müssen.
Der Grund dafür: Das Gebäude soll umfassend modernisiert werden und da die Baumaßnahmen zwei Jahre dauern sollen, würden die Bewohner in anderen Senioreneinrichtungen über die Stadt verteilt werden.
Für 93-jährige Bewohnerin Christa Antoni eine Katastrophe:
„Mir geht es nicht gut. Ich habe damals zehn Jahre auf diese Wohnung gewartet.“
Sie hatte sich ihre Wohnung mit Pflanzen und weiteren Accessoires heimisch eingerichtet und wollte hier eigentlich ihren Lebensabend verbringen.
Ihre 78-jährige Nachbarin Ursula Badenhop erzählte sogar, dass zwei Bewohner nach der Bekanntgabe gestorben sind, vermutlich aufgrund der aufkommenden Sorgen:
„Ich kann gar nicht mehr schlafen. Den einen habe ich kurz vorher noch gesprochen. Er sagte immer ‚Ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr‘.“
Ihr und ihrem Mann Gert-Peter habe man zwar eine Wohnung in einer anderen Anlage angeboten, doch diese stellt für sie keine Alternative dar:
„Die Wohnung hat nicht mal eine Küche. Dabei koche ich doch so gerne.“
Das Schlafzimmer sei sogar so klein, dass ihre Möbel nicht einmal reinpassen.
Für den 84-jährigen Gert-Peter ist auch das Vorgehen unerklärlich:
„Ich verstehe nicht, warum sie die Wohnungen nicht schrittweise modernisieren.
Man könnte doch leer werdende Wohnungen nach und nach sanieren und uns innerhalb der Anlage vorübergehend woanders unterbringen.“
Rausgeschmissenes Geld
Im vergangenen Jahr hätten manche Bewohner erst selbst Baumaßnahmen unternommen oder ihre Fußböden erneuert. Rückblickend scheint das Geld gewesen zu sein, das zum Fenster rausgeworfen wurde.
Auf Anfrage der Hamburger Morgenpost begründet die vhw die Maßnahmen wie folgt:
„Die geplanten baulichen Modernisierungen zur Aufwertung der Seniorenwohnanlage Langenhorn sind notwendig, damit vhw unter Berücksichtigung der 2012 verabschiedeten Wohn- und Betreuungsbauverordnung (WBBauVO) des Hamburgischen Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetzes die Anlage weiter betreiben darf.“
Außerdem gab die vhw an, dass die Anlage an vielen Stellen nicht barrierefrei sei und bei den Zugängen zu den Badezimmern oder Balkonen Stolperfallen berge.
Damit sich beide Parteien in irgendeiner Form einigen können, wurde der Seniorenbeirat Hamburg-Nord sowie der Verein „Mieter helfen Mietern“ eingeschaltet.
Dessen Anwalt Jan Michelson übte auch Kritik:
„Die vhw weiß seit 2012, dass sie modernisieren muss. Warum informieren sie erst jetzt?
Man kann die Maßnahme auch im Bestand verwirklichen. Ich hoffe, dass wir eine sozialverträgliche Lösung finden.“
Den Bewohnern soll wohl von der vhw ein Rückkehrrecht in die Wohnungen garantiert werden, doch viele von ihnen, gerade die älteren, können gar nicht sagen, wie es mit ihnen in ein paar Jahren aussieht.
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